Warum hat das linke Pedal ein Linksgewinde? Und die rechte Tretlagerschale auch?

Das linke Pedal und die rechte Tretlagerschale (BSA) besitzen ein linksgängiges Gewinde. Dies hat durchaus technische Gründe. Der Effekt ist nicht sehr anschaulich. Ich werde versuchen, es so einfach wie möglich darzustellen.

Grundlagen

Jede Verschraubung besitzt zwischen den Gewinden der beiden Verbindungspartner Spiel. Ansonsten wäre die Verbindung nicht fertigbar bzw. verschraubbar. Lösbare Verschraubungen halten aufgrund der Reibungsverhältnisse im Gewinde und den Auflageflächen. Die ideale Verschraubung wird nur auf Zug belastet. Die Kräfte, die auf das Gewinde wirken, sollten in Zugkräfte umgewandelt werden, damit das Gewinde nur auf Zug belastet wird.

Situation am Fahrrad

Weder beim Pedal, noch beim Tretlager ist das der Fall.

Warum nicht? Die Achse eines Pedals ist an der Kurbel eingeschraubt. Diese Auflagefläche liegt senkrecht zu der Längsachse der Pedalachse. Beim Treten wird die Achse durch eine Kraft die ebenfalls senkrecht auf die Längsachse der Pedalachse wirkt elastisch gebogen. Die Auflagerfläche am Kurbelarm kann daher diese Kräfte nur durch die Reibung übertragen.

Die Reibkraft errechnet sich bekanntermaßen aus der Normalkraft mal dem Reibungskoeffizienten. Die Normalkraft ist in dem Falle die Vorspannung des Gewindes. Die Vorspannung des Gewindes kann auf Grund der Dimensionierung und Festigkeitsverhältnisse nicht hoch genug gewählt werden um die Reibung der Auflagefläche so hoch zu halten um alle Querkräfte abzufangen.

Taumelbewegung der Achse

Daher kann sich die Achse im Gewinde geringfügig bewegen. Die Achse taumelt kreiselförmig um einen Drehpunkt im Gewinde. Dieses Taumeln der Achse kann man sich als Mikrobewegungen im Gewinde vorstellen, quasi ein "Verkanten" der Gewindegänge.

Die Taumelbewegung der Achse rotiert nun entgegengesetzt zu der Kurbelumdrehung. Sie bewirkt eine Abrollbewegung der Pedalachse im Kurbelgewinde, die entgegengesetzt zu der umlaufenden Querkraft gerichtet ist.

Daher sind die Gewinde des Pedals und auch der Tretlagerschalen auf einer Seite normaldrehend ⇒ rechtsdrehendes Gewinde und auf der anderen Seite linksdrehend.

Rechtes Pedal ⇒ Rechtsgewinde (Normal)
Linkes Pedal ⇒ Linksgewinde
Rechte Tretlagerschale ⇒ Linksgewinde (nur bei BSA, bei den heute nur sehr selten benutzten italienischen und franzözischen Tretlagergewinden haben beide Seiten Rechtsgewinde)
Linke Tretlagerschale ⇒ Rechtsgewinde

Drehrichtungsumkehr durch die Wälzkörper

Die gängige Meinung, die Wälzkörper der Lager verursachen ein "Festziehen" der Achse bzw. verhindern ein Lösen ist nicht korrekt. Die Wälzkörper übertragen kein Moment auf die Achse, das ein Lösen verhindern und/oder verursachen könnte. Beweis: Das Problem der sich lösenden Verschraubungen kann auch bei einer Lagerung ohne Wälzkörper (Gleitlager) beobachtet werden.

Wie könnte die Belastung auf das Gewinde technisch besser gelöst werden?

Sehr einfach: Die Auflagefläche der Achse ist an sich eine Fehlkonstruktion. Würde die Auflagefläche zB. eine 90° kegelförmige Senkung in der Kurbel mit entsprechender Kegelauflagerfläche auf der Achse sein, so würden die Querkräfte in dem Kurbelarm einerseits aufgefangen, andererseits in eine Komponente längs der Gewindeachse umgewandelt werden. Damit könnten die Gewinde auf beiden Seiten gleich ausgeführt werden.